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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: 17 Sa 14/07
Rechtsgebiete: Arbeitszeit-TV Nds.


Vorschriften:

Arbeitszeit-TV Nds. § 2 Abs. 2 Ziff. c)
Der Begriff des Betriebes i.S.d. § 2 Abs. 2 Ziff. c) Arbeitszeit-TV Nds. umfaßt nicht nur rechtlich selbständige Einheiten öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Art, Eigenbetriebe und Ämter, sondern auch andere, organisatorisch abgegrenzte Einheiten der Kommunalverwaltung.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

17 Sa 14/07

In dem Rechtsstreit

hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2007 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß, den ehrenamtlichen Richter Herrn Veselsky, den ehrenamtlichen Richter Herrn Krawczyk für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13.12.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung von Überstunden und in diesem Zusammenhang über die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.

Der Kläger ist seit 1976 als Gärtner bei der Beklagten im städtischen Fachbereich Stadtgrün der Beklagten Stadt beschäftigt. Derzeit ist der Kläger freigestelltes Personalratsmitglied und Vorsitzender des örtlichen Personalrats "Bauverwaltung". In dem Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.08.2006 arbeitete er regelmäßig 39 Stunden pro Woche. Er ist in die Entgeltgruppe 7 Stufe 6 der Entgelttabelle des TVöD mit derzeit 2.375,00 € brutto eingruppiert.

Der Fachbereich Stadtgrün, dem der Kläger zugeordnet ist, gehört zusammen mit den Fachbereichen Stadtplanung und Umweltschutz, Gebäudemanagement, Tiefbau und Verkehr sowie den Referaten Stadtentwicklung, Statistik sowie dem Baureferat zu dem Bau- und Umweltschutzdezernat (Dezernat III). Wegen der Verwaltungsstruktur der Beklagten und der Organisation des Fachbereichs Stadtgrün wird auf die von der Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Organigramme Bezug genommen (Bl. 178, 179 d. A.). Bei dem Bau- und Umweltschutzdezernat handelt es sich um eine verselbständigte Dienststelle i. S. v. § 6 Abs. 3 NPersVG. Demgegenüber handelt es sich bei dem Fachbereich Stadtgrün nicht um eine verselbständigte Dienststelle im Sinne dieser Vorschrift.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der landesbezirkliche Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitszeit (Arbeitszeit-TV ) vom 28.03.2006 Anwendung. Zum Abschluss dieses Tarifvertrages kam es, nachdem der kommunale Arbeitgeberverband die Vorschriften über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gem. § 6 I S. 1 b TVöD zum 01.02.2006 gekündigt hatte. Im Verlauf der Verhandlungen verständigten sich die Tarifvertragsparteien am 14.03.2006 auf ein sog. Eckpunktepapier für den Abschluss eines Arbeitszeittarifvertrages. Danach sollte zukünftig die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 39 Stunden betragen. Diese Regelung sollte nicht gelten für Beschäftigte in Krankenhäusern, für Kindertagesstätten und für den Bereich der Müllabfuhr/ Straßenreinigung einschließlich vergleichbar belastender Arbeitsplätze im Bereich der Entsorgung. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Anlage 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2006 (Bl. 28 f. d. A.) Bezug genommen. Hieran anknüpfend legte der kommunale Arbeitgeberverband den Entwurf eines Tarifvertrages mit Stand vom 23.03.2006 vor, der bestimmte Beschäftigte im Entsorgungsbereich aufführte (Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.11.2006 (Bl. 30 d. A.). Der von der Gewerkschaft ver.di mit Stand vom 27.03.2006 ausformulierte Entwurf eines Arbeitszeit-TV vom 27.03.2006 (Anlage 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 2.11.2006, Bl.31 d.A. (S.1) und Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 7.6.2007, Bl. 122f. d.A. (S.1 und 2)) sah demgegenüber in § 2 diverse weitere Bereiche vor, in denen eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden gelten sollte.

§ 2 dieses Entwurfs lautete wörtlich:

"§ 2 Wiederinkraftsetzung von Arbeitszeitvorschriften

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) TVÖD und die abweichenden Regelungen der tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit für besondere Beschäftigtengruppen in den Besonderen Teilen werden mit folgenden Maßgaben wieder in Kraft gesetzt:

1. In § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) TVÖD wird die Zahl "38,5" durch die Zahl "39" ersetzt.

2. Abweichend von Nr. 1 beträgt die regelmäßige Arbeitszeit für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich des Besonderen Teils Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-K), des Besonderen Teils Flughäfen (BT-F), des Besonderen Teils Entsorgung (BT-E), der Sonderregelungen für Beschäftigte beim Bau und Unterhaltung von Straßen (Abschnitt VIII <VKA> § 54 des Besonderen Teils Verwaltung <BT-V>) oder der Sonderregelungen für Beschäftigte an Theatern und Bühnen (Abschnitt VIII <VKA> § 55 des Besonderen Teils Verwaltung <BT-V>) fallen oder im Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes auch außerhalb des Geltungsbereichs des BT-K, auf Bau- oder Betriebshöfen, in der Grünpflege oder in der Gebäudereinigung eingesetzt sind, durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich."

Schließlich brachte die Gewerkschaft ver.di eine modifizierte Ausnahmeregelung unter dem 23.03.2006 in die Verhandlungen ein, wonach die 38,5-Stunden-Woche in Müllentsorgungsbetrieben, Straßenreinigungsbetrieben, Abwasserbetrieben einschließlich Klärwerken, Wertstoff- und Recyclingbetrieben, Deponien, Kompostierungsanlagen, Betrieben für die Unterhaltung von Oberflächengewässern, Bau- und Betriebshöfen, Betrieben der Grünpflege, Friedhofsbetrieben, Forstbetrieben, Straßenbau- und Unterhaltungsbetrieben sowie für Beschäftigte der Gebäudereinigung gelten sollte (Anlage 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 02.11.2006, Bl. 32 d. A.).

§ 2 des schließlich zustande gekommenen Arbeitszeit-TV vom 31.03.2006 (Anlage zur Klageschrift Bl. 7 ff d. A.), der zum 01.04.2006 in Kraft trat, lautet wörtlich:

"§ 2 Regelmäßige Arbeitszeit

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) TVöD und die abweichenden Regelungen der tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit für besondere Beschäftigungsgruppen in den Besonderen Teilen werden mit folgenden Maßgaben wieder in Kraft gesetzt:

(1) In § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) TVöD wird die Zahl "38,5" durch die Zahl "39" ersetzt. (2) In den nachfolgenden aufgeführten Bereichen beträgt die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abweichend von Nr. 1 38,5 Stunden:

a) für Beschäftigte in Krankenhäusern,

b) für Beschäftigte in Kindertagesstätten,

c) für Beschäftigte in

aa) Müllentsorgungsbetrieben

bb) Straßenreinigungsbetrieben

cc) Abwasserbetrieben einschl. Klärwerken

dd) Wertstoff- und Recyclingbetrieben

ee) Deponien

ff) Kompostierungsanlagen

gg) Betrieben für die Unterhaltung von Oberflächengewässern

hh) Bau- und Betriebshöfen

ii) Betrieben der Grünpflege

jj) Straßenbau- und Unterhaltungsbetrieben

kk) der Gebäudereinigung

die nicht überwiegend (mehr als 50 %) mit Verwaltungsaufgaben (Innendienst) befasst sind."

Der Geltungsbereich ist in § 1 - soweit hier von Interesse - wie folgt definiert:

"§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes ist und die unter den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 fallen."

In § 7 des Tarifvertrages heißt es weiter wörtlich:

"§ 7 Öffnungsklausel

Für die Bereiche nach § 2 Nr. 2 c) kann durch betriebsbezogenen Tarifvertrag für den Fall des zeitlich begrenzten Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bzw. von Privatisierungsmaßnahmen eine Erhöhung der Arbeitszeit sowie eine wettbewerbsfähige Eingruppierung Neueinzustellender erfolgen."

Über den Betriebsbegriff wurde in den Tarifverhandlungen nicht gesprochen.

Der Kläger macht mit seiner am 20.09.2006 beim Arbeitsgericht Braunschweig erhobenen Klage die Vergütung für 10,85 Stunden mit einem Bruttostundenlohn von 14,19 € für fünf Monate geltend. Dem vorausgegangen war ein Geltendmachungsschreiben vom 17.08.2006, wegen dessen genauen Wortlauts auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 5 d. A.) Bezug genommen wird.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er unterfalle der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 2 c) ii) Arbeitszeit-TV , weshalb seine regelmäßige Arbeitszeit nur 38,5 Stunden betrage.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 153,96 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Ausnahmeregelung des Arbeitszeit-TV sei auf den Kläger nicht anwendbar, da es sich bei dem Fachbereich Stadtgrün nicht um einen Betrieb im Sinne des Tarifvertrages handele.

Mit Urteil vom 13.12.2006 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 153,96 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu zahlen, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und den Streitwert auf 153,96 € festgesetzt sowie die Berufung zugelassen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, bei der Auslegung des § 2 Abs. 2 c) Arbeitszeit-TV sei nicht auf den klassischen Betriebsbegriff abzustellen. Aus dem Gesamtzusammenhang und dem Zweck der Tarifnorm ergebe sich, dass der Betriff des Betriebes in einem umfassenderen Sinn von den Tarifparteien verwendet werde. Es handele sich bei den unter dem Buchstaben c) genannten Bereichen ausnahmslos um solche, in denen regelmäßig und überwiegend körperlich belastende Tätigkeiten anfielen. Sinn und Zweck der Regelung sei es gewesen, für Mitarbeiter, die in diesen Bereichen beschäftigt seien, die regelmäßige Arbeitszeit zu reduzieren. Dies habe neben dem Einleitungssatz auch in der unter § 2 Abs.2 c) Arbeitszeit-TV geregelten Rückausnahme seine Berücksichtigung gefunden. Schließlich werde diese Auslegung auch durch die vorgetragene Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages gestützt, die dafür spreche, dass es den TV-Parteien um die mit bestimmten Tätigkeiten verbundenen besonderen Belastungen gegangen sei. Die Arbeitszeit des Klägers betrage daher auf der Grundlage des Arbeitszeit-TV auch über den 31.03.2006 hinaus nur 38,5 Stunden pro Woche. Wegen der weiteren rechtlichen Erwägungen, die das Arbeitsgericht zu seinem Urteil haben gelangen lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 22.12.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.01.2007 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt, die sie mit einem am 31.01.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte rügt an dem angegriffenen Urteil, es habe den von den Tarifvertragsparteien verwendeten Betriebsbegriff fehlerhaft ausgelegt. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang oder einem anderen Auslegungskriterium ergebe sich, dass Sinn und Zweck der Nrn. 2 c) des § 2 Arbeitszeit-TV darin bestehe, für die Beschäftigten eine reduzierte wöchentliche Stundenzahl als regelmäßige Arbeitszeit festzulegen, die mit besonders belastenden Tätigkeiten befasst seien. Als Ausnahmeregelung sei § 2 Nr. 2 des Arbeitszeittarifvertrages eng auszulegen. Bei dem im Einleitungssatz verwendeten Begriff des Bereiches handele es sich um einen Oberbegriff, unter den sowohl Betriebe als auch Fachbereiche subsumiert werden könnten. Unter den Buchstaben a) bis c) des § 2 Nr. 2 Arbeitszeit-TV seien sowohl Ausnahmetatbestände aufgezählt, welche vom Wortlaut nicht auf die Organisationsform des Betriebes abstellten, als auch solche, deren Wortlaut ausdrücklich das Vorliegen des Betriebes verlange. Schließlich sei in § 2 Nr. 2 unter dem Doppelbuchstaben k) des Buchstaben c) Arbeitszeit-TV ein Ausnahmetatbestand aufgeführt, der ausdrücklich tätigkeitsbezogen sei ("für Beschäftigte in der Gebäudereinigung"). Ferner fänden sich Tatbestände, deren Wortlaut ebenfalls nicht auf den Begriff des Betriebes abstellten, nämlich bei den Doppelbuchstaben e) (Beschäftigte in Deponien), Doppelbuchstaben f) (Beschäftigte in Kompostierungsanlagen), Doppelbuchstaben h) (Beschäftigte in Bau- und Betriebshöfen). Diese Tatbestände erlaubten ohne weiteres die Zuordnung von Beschäftigten in Fachbereichen. Hätten die Tarifvertragsparteien den Begriff des Betriebes im selben Sinne gebrauchen wollen, hätten sie sich entweder auf eine tätigkeitsbezogene Formulierung oder auf eine auf eine umfassende Organisationsform abstellende Formulierung verständigen können. Auch aus § 7 des Arbeitszeit-TV ergebe sich, dass die Tarifvertragsparteien den Betriebsbegriff in seiner allgemein rechtlichen Bedeutung verwendet und angewendet wissen wollten. Schließlich spreche auch der bei der Tarifauslegung zu beachtende Grundsatz der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dafür, dass der Betriebsbegriff in seiner klassischen Definition anzuwenden sei. Durch das Abstellen auf die Organisationsform des Betriebes und somit auf einen feststehenden und klar definierten Begriff sei eine eindeutige Abgrenzung des Personenkreises, der unter den streitgegenständlichen Ausnahmetatbestand zu subsumieren sei, zweifelsfrei möglich. Wegen ihres Vorbringens im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten vom 31.01.2007 und ihren weiteren Schriftsatz vom 7.6.2007 nebst jeweiliger Anlagen Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13.12.2006 - 6 Ca 524/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 12.03.2007, auf die die Kammer Bezug nimmt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Beklagte zur Zahlung von 153,96 € brutto nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 verurteilt.

Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 611 BGB i. V. m. § 39 II 5 S. 4 NPersVG einen Anspruch auf Zahlung von 153,96 € brutto für 10,8 Stunden im Zeitraum vom 01.04.2006 bis zum 31.08.2006. Der Kläger hat in dem maßgeblichen Zeitraum regelmäßig 39 Stunden pro Woche geleistet. Die Beklagte ging von dieser Wochenstundenzahl als regelmäßige Arbeitszeit aus. Tatsächlich beträgt die von dem Kläger geschuldete wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden gem. § 2 Abs. 2 c) ii) Arbeitszeit-TV . Bei der regelmäßig wöchentlich zusätzlich geleisteten halben Stunde Arbeitszeit handelt es sich um angeordnete Mehrarbeit, die entsprechend zu vergüten ist.

1.

Der Fachbereich Stadtgrün der Beklagten, dem der Kläger zugeordnet ist, ist ein Grünpflegebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 c) ii) Arbeitszeit-TV , für den eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden wöchentlich gilt.

1.1.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch der praktischen Tarifübung geklärt werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Voraussetzung ist allerdings, dass nicht bereits der Tarifwortlaut eindeutig ist (ständige Rspr. vgl. nur BAG Urteil vom 23.05.2007 - 10 AZR 323/06 - ZTR 2007, 495; BAG vom 21.1.2006 - 4 AZR 622/04 - AP Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge Großhandel; BAG vom 7.7.2004 - 4 AZR 433/03 - AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge Verkehrsgewerbe und vom 30.5.2001 - 4 AZR 269/00 - AP Nr. 4 zu § 23b BAT).

1.2

Ausgehend vom Wortlaut ist zunächst nach der speziellen Bedeutung eines im Tarifvertrag verwendeten Begriffs zu fragen, weil diese eine allgemeine verdrängt (Wiedemann/Wank, TVG, 7. Aufl. 2007, § 1 Rn. 1000). Da die Tarifvertragsparteien vorliegend den Begriff des Betriebes für den Arbeitszeittarifvertrag nicht näher erläutert und insbesondere nicht bestimmt haben, dass er sich etwa nach dem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff richte, kann ein spezieller Betriebsbegriff für die Auslegung des Tarifvertrages nicht herangezogen werden. Auch der TVöD definiert den Betriebsbegriff nicht. § 38 Abs. 2 TVöD bestimmt lediglich, dass die Begriffe für Verwaltungen, die unter den Geltungsbereich des Personalvertretungsrechts fallen entsprechend gelten, wenn nichts anderes bestimmt ist (vgl. Bepler/Böhle-Schick, TvöD-Kommentar, Loseblatt, Stand 6/07, Rn 4 zu § 38 Nds.ArbZTV).

Eine allgemein gültige gesetzliche Definition des Betriebes fehlt. Der Begriff wird in den verschiedenen Rechtsdisziplinen, gelegentlich aber auch im Arbeitsrecht mit unterschiedlicher Bedeutung gebraucht. Sein Bedeutungsumfang ist daher in allen Rechtsquellen und Parteivereinbarungen eigenständig auszulegen (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 12. Auflage 2007, § 18 Rn.1). Gleichwohl besteht in der arbeitsrechtlichen Terminologie ein allgemeines Verständnis des Begriffs "Betrieb". Deshalb kann auch vorliegend auf den allgemeinen Auslegungsgrundsatz zurückgegriffen werden, wonach dann, wenn die Tarifvertragsparteien einen im Tarifvertrag selbst nicht definierten Begriff verwenden, davon auszugehen ist, dass sie den Begriff in dem Sinne gebraucht haben, wie er dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht (BAG vom 25.01.2006 - 4 AZR 622/04 - AP Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge Großhandel).

Üblicherweise wird danach der Betrieb angesehen als "eine organisatorische Einheit von Betriebsmitteln, mit deren Hilfe der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck, der sich nicht in einer Befriedigung von Eigenbedarf erschöpft, fortgesetzt verfolgt (Schaub, a.a.O., § 18 Rn. 1 ). Klassischerweise wird daher der Betrieb als technisch-organisatorische Einheit des arbeitsrechtlichen Leistungsorts verstanden. Nur dieser allgemeine Begriff kann hier zugrunde gelegt werden.

1.2.1

Mangels einer entsprechenden tariflichen Bestimmung verbietet sich insbesondere die Gleichsetzung mit dem Betriebsbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes oder dem Dienststellenbegriff des Personalvertretungsrechts (BAG vom 19.10.1988 - 4 AZR 354/88 nv und vom 31.8.1988 - 4 AZR 165/88 - nv). Auch geben die tariflichen Bestimmungen keinen Anlass, an den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff anzuknüpfen. Beim betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff kommt es wesentlich auf das Vorhandensein einer einheitlichen Leitungsmacht an, weil der Betriebsrat dort errichtet werden muss, wo die Entscheidungen des Arbeitgebers fallen (Fitting/Engels, BetrVG, 23.Auflage, München 2006, § 1 Rn. 58 ff). Soweit der betriebsverfassungsrechtliche und kündigungsschutzrechtliche Betriebsbegriff auf die Steuerung durch einen einheitlichen Leitungsapparat abstellt, spielt dies für den im Arbeitszeit-TV von den Tarifparteien in § 2 Abs. 2 c) verwendeten Betriebsbegriff keine Rolle. Nur für Normen über betriebsverfassungsrechtliche Fragen in Tarifverträgen ist der betriebsverfassungsrechtliche Betriebsbegriff maßgebend, soweit tarifvertraglich nichts Abweichendes bestimmt ist (Kempen/Zachert/Stein, TVG-Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 4 Rn 99).

1.2.2

Auch soweit in der Rechtsprechung und arbeitsrechtlichen Literatur zur Ermittlung des betrieblich-fachlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrages, dem Industrieverbandsprinzip folgend, auf den Betriebsbegriff des Betriebsverfassungsgsetzes zurückgegriffen und entscheidend auf die einheitliche Leitung abgestellt wird (vgl. etwa Erfk-Schaub/ Franzen, 6. Aufl. 2006, Rn 18 zu § 4 TVG; Löwisch-Rieble, TVG, 2. Aufl. 2004, § 4 Rn. 76 ff ; Däubler-Deinert, TVG-Kommentar, 2.Aufl., 2006, § 4 Rn. 230 ff. m.w.N.), kommt es darauf für die vorliegend im Streit stehende Tarifnorm nicht an.

Der Arbeitszeit-TV erfasst als Branchentarifvertrag - wie im öffentlichen Dienst üblich (Ausnahmen bedeuten besondere tarifvertragliche Regelungen; vgl. Däubler-Deinert, a.a.O., § 4 Rn. 303) - alle Dienststellen/Betriebe der Tarifvertragsparteien bzw. ihrer Mitglieder auf Arbeitgeberseite, ohne dass es auf ein bestimmtes Tätigkeitsfeld ankäme. Dies ergibt sich aus der Definition des Geltungsbereichs in § 1 Arbeitszeit-TV , wonach der Tarifvertrag für alle Beschäftigten gilt, die unter den TvöD vom 13.9.2005 fallen und die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberbverbandes (KAV) ist, mithin für alle im KAV organisierten Gemeinden, Gemeindeverbände und kommunalen Unternehmen/Betriebe. Anders als in § 1 Abs. 2 TvöD ist der Geltungsbereich auch nicht eingeschränkt. Probleme der Tarifeineinheit, bei denen gegebenenfalls auch bei Branchentarifverträgen auf den "klassischen" Betriebsbegriff zurückgegriffen werden muss, stellen sich nicht. Mithin besteht auch kein Anlass, auf den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff abzustellen.

Maßgeblich ist deshalb im Streitfall der allgemeine Betriebsbegriff, wie er sich nach dem hier vorliegenden Tarifvertrag gemäß dessen Sinn und Zweck darstellt (ebenso BAG vom 31.08.1988 a. a. O.).

1.3

Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck des § 2 Abs.2 c) Arbeitszeit-TV ergibt sich, dass der Begriff des Betriebes in der streitigen Tarifnorm in in dem Sinn verwendet wird, dass darunter sowohl rechtlich selbständige Einrichtungen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Art, Eigenbetriebe und Ämter als auch andere organisatorisch abgegrenzte Einheiten der Kommunalverwaltung, die auch Teil einer größeren Verwaltungseinheit oder betrieblichen Untergliederung sein können, erfasst sein sollten (im Ergebnis ebenso Bepler/Böhle-Dannenberg, TVöD-Kommentar, Loseblatt, Stand 6/07, Rn. 6 zu § 2 NdsArbZTV).

1.3.1

In § 2 Abs.2 c) beschreiben die Tarifparteien bestimmte Felder kommunaler Aufgabenerledigung. Sie stellen demgegenüber gerade nicht auf die (unterschiedlichen) Verwaltungsorganisationen bzw. darauf ab, ob die Kommunen bestimmte Bereiche als Teil der Verwaltung bzw. im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung (§§ 108 ff NGO) als Unternehmen der Gemeinden führen. Bereits in dem Einleitungssatz des Abs.2 von § 2 ist nur von Bereichen (und nicht etwa von Bereichen und Betrieben bzw. Ämtern), in denen eine abweichende Arbeitszeit gelten soll, die Rede. Unter einigen Doppelbuchstaben des § 2 Abs.2 c) werden dann Bereiche (neben den in hh) gesondert aufgeführten Beschäftigten in der Gebäudereinigung, bei denen die Tarifparteien auf eine rein tätigkeitsbezogene Formulierung abgestellt haben) der kommunalen Aufgabenerledigung wie Deponien (ee), Kompostierungsanlagen (ff), Bau- und Betriebshöfe (hh) ohne den Betriebsbezug aufgeführt, bei den anderen Bereichen wird der Betriebsbegriff verwendet. Allein die unterschiedlichen Begrifflichkeiten lassen aber nicht darauf schließen, dass die Tarifparteien für die Geltung der 38,5 Stunden-Woche einerseits auf abgegrenzte Einheiten (Fachbereiche) - wie unter den Doppelbuchstaben ee), ff), und hh) - andererseits auf den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff abstellen wollten, zumal auf Arbeitgeberseite bei den verschiedenen Kommunen und Landkreisen die Aufgabenerfüllung unterschiedlich organisiert ist.

In welcher Form die Kommunen (oder Landkreise) die ihnen obliegenden Pflichtaufgaben im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung erfüllen, wie sie sich organisieren und wirtschaftlich betätigen, können sie nach Art.28 (2) GG, Art. 57 Nds.Verf. weitgehend, unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben (Gemeinde- und Landkreisordnungen) selbst bestimmen. Sie haben insbesondere die kommunale Organisationshoheit, mithin die Befugnis ihre innere Organisation selbst zu ordnen (vgl. insb. §§ 1-5 NGO und 1 - 4 LKO), d.h. nach eigenem Ermessen Behörden, Einrichtungen und Dienststellen zu errichten, aufzuheben oder zu ändern etc.. Ob und inwieweit eine Kommune beispielsweise einen eigenständigen Betrieb der Grünpflege (nach §§ 108 ff NGO) bzw. ein Grünpflegeamt i. S. d. § 6 Abs. 3 NPersVG unterhält oder die Grünpflege nur als Untergliederung (Fachbereich) einer größeren Organisationseinheit betreibt, obliegt ihrer Organisationsgewalt. Aus dem Tarifvertrag ergibt sich aber kein Anhaltspunkt dafür, dass die Tarifparteien die Arbeitszeit der in den Buchstaben c) des § 2 Abs. 2 Arbeitszeit-TV aufgeführten Bereiche davon abhängig machen wollten, in welcher Organisationsform die Kommune (zufällig) die ihr obliegende Aufgabenerfüllung in diesen Bereichen betreibt.

1.3.2

Dagegen spricht auch der Zweck des Verbandstarifvertrages, der eine einheitliche Ordnung für die Tarifgebundenen und auf Arbeitgeberseite gerade gleiche Ausgangsbedingungen für die im Verband organisierten Arbeitgeber herstellen will. Zwar können auch im Verbandstarifvertrag Sonderregelungen für bestimmte Betriebe getroffen werden (hierauf stellt auch § 7 des Arbeitszeit-TV ab), dies muss jedoch dann eindeutig benannt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifparteien in § 2 Abs.2 c) einerseits nur personalvertretungsrechtlich verselbständigte Dienststellen/Betriebe, andererseits aber unabhängig vom Betriebs- und Dienststellenbegriff abgegrenzte Einheiten erfassen wollten, sind aber weder allein aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck der Vorschrift zu entnehmen. Die Aufzählung in § 2 Abs.2 c) aa) - jj) und die Verwendung des Begriffs "Bereiche" im Einleitungssatz des § 2 Abs.2 Arbeitszeit- TV lassen vielmehr gerade darauf schließen, dass die Tarifparteien bei den Doppelbuchstaben in Abs.2 c) des § 2, bei denen der Begriff des Betriebes verwendet wurde, ebenfalls auf organisatorisch abgegrenzte Einheiten, wie dies für Deponien, Kompostierungsanlagen sowie Bau- und Betriebshöfe, bei denen es sich um fest umrissene Begriffe handelt, der Fall ist, abstellen wollten. Solche abgegrenzten Einheiten müssen aber nicht selbständige Betriebe/ Dienststellen i.S.d. Betriebsverfassungs-/Personalvertretungsrechts sein, vielmehr kann dies auch ein Fachbereich, wie der Fachbereich Stadtgrün der Beklagten sein, der - wie aus den von der Beklagten überreichten Organigrammen ersichtlich - eine organisatorische Einheit der Verwaltung mit einer eigenen arbeitstechnischen Zwecksetzung und Leitung darstellt und insoweit auch unter den allgemeinen Betriebsbegriff subsumiert werden kann.

1.3.3

Das Abstellen auf eine solche, organisatorisch abgegrenzte, Einheit der Verwaltungsorganisation erlaubt schließlich auch eine eindeutige Abgrenzung des erfassten Personenkreises und stellt damit eine praktikable Auslegung dar, denn - ausweislich des Organigramms des Fachbereichs Stadtgrün der Beklagten - sind die diesem Fachbereich unterfallenden Beschäftigten (Stellen) eindeutig bestimmbar. Dies hätte im übrigen durch eine Formulierung wie bspw. "Beschäftigte in der Müllentsorgung, Straßenreinigung etc." oder "Beschäftigte in Müllentsorgungseinrichtungen, Straßenreinigungseinrichtungen etc." nicht erreicht werden können. Insofern greift der von der Beklagten angestellte Umkehrschluss, dass die Tarifparteien auf eine solche weite Formulierung zurückgegriffen hätten, wenn sie nicht auf den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff hätten abstellen wollen, zu kurz.

1.3.4

Das Argument der Beklagten, § 2 Abs.2 Arbeitszeit-TV sei als Ausnahmeregelung eng auszulegen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei § 2 Abs.2 Arbeitszeit-TV überhaupt um eine Ausnahmeregelung handelt oder die Tarifparteien einfach verschiedene Bereiche arbeitszeitrechtlich unterschiedlich geregelt haben. Denn abgesehen davon, das schon für Gesetzesbestimmungen der Satz, dass Ausnahmeregelungen immer eng auszulegen sind, zweifelhaft ist (vgl. Wiedemann/Wank, a.a.O., § 1 Rn.1007 m.w.N.), geht es im Hinblick auf Tarifverträge nur darum, das von den Tarifparteien vorgestellte Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht zu verschieben, d.h. aus der Ausnahme darf keine Regel werden (ebd.). Anhaltspunkte dafür sind aber bei der hier vorgenommenen Tarifauslegung nicht ersichtlich. Schließlich hat die Beklagte die von dem Kläger behaupteten Daten hinsichtlich der Anzahl der unter die Regelung des § 2 Abs.2 Arbeitszeit-TV fallenden Beschäftigten gerade bestritten und verfügten die Tarifparteien offensichtlich auch über keine validen Zahlen hinsichtlich der Beschäftigten- und Organisationsstruktur in den niedersächsischen Gemeinden und Landkreisen. Insoweit kann noch nicht einmal festgestellt werden, welche Auslegung der Tarifnorm mehr Beschäftigte erfassen würde.

1.3.5

Auch ein systematischer Vergleich mit § 7 Arbeitszeit-TV bestätigt dieses Ergebnis. Nach dieser Vorschrift kann für die Bereiche nach § 2 Nr. 2 c) durch betriebsbezogenen Tarifvertrag für den Fall des zeitlich begrenzten Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bzw. von Privatisierungsmaßnahmen eine Erhöhung der Arbeitszeit sowie eine wettbewerbsfähige Eingruppierung neu Einzustellender erfolgen. Gemeint sind mit dieser Vorschrift offensichtlich sog. "Firmenbezogene Verbandstarifverträge", die als Ergänzungstarifverträge darauf abzielen, verbandsangehörigen Arbeitgebern, die sich in wirschaftlichen Schwierigkeiten befinden, zu gestatten die Standards des einschlägigen Flächentarifvertrages zu unterschreiten (vgl. Däubler-Reim, a.a.O. § 1 Rn 65 ff.). In der Niederschrifterklärung des ver.di-Landesbezirks -Bremen zu § 7 wird dementsprechend darauf hingewiesen, "dass die betriebsbezogenen Tarifverträge der Sicherung der Arbeitsplätze und dem Erhalt der Tarifbindung an den TVöD unter Beachtung der Regelungen des TVöD dienen" und sie auch "den Verzicht auf Fremdvergabe von bisher durch Beschäftigte des Arbeitgebers wahrgenommenen Tätigkeiten beinhalten" sollen (zitiert nach: Bepler/Böhle-Dannenberg, a.a.O., § 7 NdsArbZTV). Im Hinblick darauf, dass solche Tarifverträge nicht unumstritten sind (vgl. hierzu Wiedemann-Oetker, a.a.O., § 2 Rn 186 ff. und Däubler ebd.), regelt § 7 Arbeitszeit-TV die (sachgrundbezogene) Zulässigkeit von Ergänzungstarifverträgen. Folgte man nun der Auffassung der Beklagten, dass soweit unter den Doppelbuchstaben des § 2 Abs. 2 c) Arbeitszeittarifvertrag der Begriff Betrieb verwendet ist, auf den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff abzustellen ist, könnten nur die Kommunen, die zufällig ein personalvertretungsrechtlich verselbständigtes Grünflächenamt haben oder gar nur Kommunen, die einen Wirtschaftsbetrieb nach §§ 108ff NGO gegründet haben, durch betriebsbezogenen Tarifvertrag zu einer abweichenden Tarifierung kommen. Die Frage der Fremdvergabe oder Privatisierung von einzelnen Aufgabenbereichen/ Tätigkeiten dürfte sich aber nicht nur in Kommunen stellen, die (mehr oder weniger zufällig) für die in § 2 Abs. 2 c) genannten Bereiche eigenständige Betriebe/Dienststellen mit eigener Leitungsmacht unterhalten, sondern auch für solche, wie die Beklagte, bei denen die in 2 Abs.2 c) genannten Aufgabenbereiche (wie im Streitfall die Grünflächenversorgung) als Unterabteilung eines größeren Amtes geführt werden. Gerade die Öffnungsklausel des § 7 Arbeitszeit-TV spricht deshalb dafür, dass auch die in § 2 Nr. 2 c) aa), bb), cc), dd), gg),ii), und jj) Arbeitszeit-TV genannten Bereiche zwar abgegrenzte Einheiten mit - der Zwecksetzung entsprechender - (technischer) Leitung, nicht aber Betriebe im Sinne des einen einheitlichen Leitungsapparat voraussetzenden (betriebsverfassungsrechtlichen) Betriebsbegriffs sind. Dem steht auch nicht die Formulierung "durch betriebsbezogenen Tarifvertrag" entgegen, denn auch ein Firmenbezogener Verbandstarifvertrages kann Regelungen nur für bestimmte Betriebsbereiche vorsehen.

1.3.6

Schließlich stützt auch die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages die hier vorgenommene Auslegung.

Gegenstand der Tarifverhandlungen war die Beibehaltung der 38,5 Stunden-Woche für die Beschäftigten in bestimmten Tätigkeitsbereichen, nicht in bestimmten, organisatorisch verselbständigten Betrieben/Dienststellen. Dabei ging es - was auch die Beklagte einräumt - jedenfalls ursprünglich um besonders belastende Tätigkeiten in bestimmten Bereichen. Streitig war in den folgenden Verhandlungen zwischen den Tarifparteien dann lediglich, welche und wie viele Bereiche erfasst sein sollten. Dass hier durch den schließlich vereinbarten Tariftext und die Hereinnahme des Betriebsbegriffs in einige Doppelbuchstaben des § 2 Abs.2 c) ein Paradigmenwechsel hin zu einem Abstellen auf den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff/personalvertretungsrechtlichen Dienststellenbegriff stattgefunden hat, ist im Hinblick darauf, dass unter den Doppelbuchstaben ee), ff) und hh) der Begriff des Betriebes nicht verwendet wird, aus der Vorschrift nicht herauszulesen.

2.

Nach alledem beträgt die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers, der in einem organisatorisch abgegrenzten Fachbereich "Grünpflege" der Beklagten beschäftigt ist, auf der Grundlage des Arbeitszeit-TV 38,5 Stunden.

Die Höhe des Anspruchs sowie der Anspruch auf Auszahlung des Betrags für die von dem Kläger geleisteten Überstunden ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD von sechs Monaten nach Fälligkeit ist mit dem Geltendmachungsschreiben vom 17.08.2006 eingehalten.

3.

Der Umstand, dass der Kläger freigestelltes Personalratsmitglied ist, steht dem Zahlungsanspruch nicht entgegen. Bei einem freigestellten Personalratsmitglied tritt an die Stelle der Arbeits- oder Dienstleistungspflicht die Personalratstätigkeit. Die Freistellung als Personalratsmitglied führt gem. § 39 Abs.2 und 5 Nds.PersVG i.V.m. § 41 Abs.1 Nds.PersVG grundsätzlich nicht zum Verlust an Rechten, die sich aus der bisherigen Tätigkeit ergeben (vgl. Bieler/Müller-Fritzsche, Nds.PersVG, 13. Aufl. 2007, § 39 Rn. 5,9,12 und BAG vom 16.2.2005 - 7 AZR 95/04 -AP Nr. 26 zu § 46 BPersVG und BAG vom 8.10.1981 - 6 AZR 81/79 - AP Nr. 2 zu § 49 BAT). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger als Gärtner ohne die Personalratsfreistellung von der Rückausnahmeregelung des § 2 Abs.2 c) Arbeitszeit-TV erfasst würde, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Ziffer 3) der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (Bl. 51 d. A.) kann daher voll inhaltlich Bezug genommen werden.

4.

Der Zinsanspruch in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ist nach §§ 284 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD begründet.

III.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Revision war gem. § 64 Abs. 3 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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